Die Referentinnen und Referenten des 7. Niedersächsischen Schaf- und Ziegentags © Walter Hollweg

Geringe Marktpreise und hohe Produktionskosten setzen Tierhalter unter Druck.

Verden – Die wirtschaftliche Situation der Schaf- und Ziegenhaltungen in Deutschland ist angespannt. „Obwohl Schäferinnen und Schäfer im Haupterwerb sich knapp 70 Wochenstunden um ihre Tiere kümmern, bleibt ihnen am Ende nicht einmal der Mindestlohn“, sagte Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, bei der Begrüßung der 140 Gäste des Niedersächsischen Schaf- und Ziegentages am Freitag (29. März) in Verden.

„Und die Situation hat sich in den zurückliegenden Monaten noch einmal drastisch verschlechtert“, fuhr Schwetje fort. Als Gründe nannte er den Preisverfall für Lammfleisch, einen stagnierenden Markt für Schafwolle und – bedingt durch die Dürre 2018 – höhere Preise für Futtermittel und Stroh. Vor diesem Hintergrund begrüßte der Kammerpräsident politische Initiativen auf Bundes- und Landesebene, die auf eine wirtschaftliche Stärkung der Betriebe abzielen.

Als Beispiel nannte er die jüngst in Thüringen eingeführte Schaf- und Ziegenprämie von 25 Euro, die je Tier drei Jahre lang gezahlt wird.

Ähnlich schwierig sah Schwetje die Situation in der Ziegenhaltung und nannte dazu ein Beispiel: So sei es trotz steigender Nachfrage nach Produkten aus Ziegenmilch und interessierter landwirtschaftlicher Betriebe in der jüngeren Vergangenheit nicht gelungen, eine adäquate Verarbeitung aufzubauen. „Angesichts vieler potenzieller Lieferanten von Ziegenmilch hatten wir die Hoffnung, eine geeignete Molkerei für eine regionale Verarbeitung zu finden“, schaute der Kammerpräsident zwei Jahre zurück. Leider konnte dieser vielversprechende Ansatz auf Erzeugerseite wegen fehlender Bereitschaft der Verarbeitungsstufe nicht umgesetzt werden.

Größere schafhaltende Betriebe können ihre Wirtschaftlichkeit über folgende „drei Stellschrauben der Rentabilität“ beeinflussen: Anzahl und Gewicht der vermarktungsfähigen Lämmer, niedrige Futterkosten sowie Ausschöpfung der Agrarprämien. Edda Riedel vom Beratungsring für Schafhalter in Blekendorf (Schleswig-Holstein) nannte 1,5 Lämmer je Schaf als untere Grenze für erfolgreiche Betriebe. „Das setzt nahezu eine 24-Stunden-Überwachung der Herde in der Lammzeit voraus“, so die Beraterin weiter. Unabdingbar seien außerdem ein gutes Arbeitszeitmanagement, die individuelle Fütterung der gelammten Mutterschafe sowie das Talent, „überzählige Lämmer mit Milchaustauschern aufzuziehen“.
Das Potenzial, Kosten einzusparen, ist nach Worten der Beraterin begrenzt, da viele Preise, zum Beispiel für Dünger, Maschinen und Pachten, fix seien. „Knausern um jeden Preis führt nicht zum Erfolg“, sagte Riedel und nannte die Düngung und die Fütterung der Tiere als Beispiele für Sparen an der falschen Stelle.

Bestreiten Landwirtinnen und Landwirte ihren Lebensunterhalt ausschließlich mit der Schafhaltung, so müssen sie heute deutlich mehr als 1.000 Mutterschafe halten, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Diese Tiere seien dann weitgehend von einer Person zu managen. „3.500 Arbeitsstunden pro Jahr sind für solche Betriebe die Norm“, sagte Riedel. Am Ende stehe dann ein „vergleichbares Nettoeinkommen“ von etwa 2000 bis 3000 Euro im Monat zur Verfügung. Das entspreche, auf die Arbeitsstunde heruntergebrochen, nicht einmal dem gesetzlichen Mindestlohn, erklärte Riedel und fügte hinzu: „Schäfer ist man aus Passion und Leidenschaft, anders lässt sich das wohl nicht erklären.“

Ausführlicher Bildtext zum Gruppenfoto: Diskutierten in Verden über die wirtschaftliche Situation der 11.000 Schafhalter und 3.500 Ziegenhalter in Niedersachsen (von links): Kammerpräsident Gerhard Schwetje, Klaus Gerdes (Schafzuchtexperte der Landwirtschaftskammer), Antje Hamann-Thölken (Tierärztin für Schaf-, Ziegen- und Schweinegesundheit bei der Landwirtschaftskammer), Martin Steffens (Landesbetrieb Landwirtschaft in Hessen), Edda Riedel (Beratungsring für Schafhalter in Schleswig-Holstein) und Joachim Rehse (Vorsitzender des Schafzuchtverbandes Niedersachsen).

Quelle:
LWK Niedersachsen